Wenn in Unternehmen über Fehler gesprochen wird, denken viele sofort an die großen Fälle: Projekte, die scheitern. Strategien, die nicht aufgehen. Entscheidungen, die Millionen kosten.
Doch aus meiner Erfahrung als Keynote Speaker für Fehlerkultur weiß ich: Nicht der große Skandal ist das Problem – sondern die vielen kleinen, alltäglichen Fehlentscheidungen, die sich unbemerkt summieren.
Ich nenne sie Micromistakes.
Und sie sind oft der Grund, warum Transformationen ins Stocken geraten, Innovationen scheitern oder Teams die Motivation verlieren.
Was sind Micromistakes?
Micromistakes sind die kleinen Abweichungen, Nachlässigkeiten oder Fehleinschätzungen, die auf den ersten Blick unbedeutend wirken:
- Das Meeting, in dem niemand die kritische Frage stellt.
- Die E-Mail, die aus Bequemlichkeit nicht beantwortet wird.
- Die Entscheidung, „es diesmal halt so zu lassen wie immer“.
Keiner dieser Fehler bringt ein Unternehmen zu Fall. Aber zusammen genommen erzeugen sie eine Kultur der Trägheit. Eine Kultur, in der man zwar nicht „versagt“, aber auch nicht mehr wirklich mutig ist.
Warum kleine Fehler so große Wirkung haben
Das Tückische an Micromistakes ist ihre Unsichtbarkeit. Sie hinterlassen keine Schlagzeilen, keine Krisenberichte, keine großen Lessons Learned.
Sie schleichen sich in Routinen, in Meetings, in Prozesse – und werden Teil des Systems.
Mit der Zeit führen sie dazu, dass Unternehmen:
- langsamer entscheiden, weil niemand Verantwortung übernehmen will,
- Innovationen ausbremsen, weil immer das Gleiche getan wird,
- Führung verlernen, weil Kontrolle wichtiger wird als Vertrauen.
Kurz gesagt: Micromistakes töten Transformationen – leise, aber effektiv.
Wie Organisationen Micromistakes sichtbar machen können
Der erste Schritt ist Bewusstsein. Große Fehler erkennt jeder. Kleine Fehler erkennt nur, wer genau hinschaut – und wer ein Umfeld schafft, in dem auch „Kleinigkeiten“ angesprochen werden dürfen.
Drei Prinzipien haben sich in meiner Arbeit bewährt:
1. Sprache für kleine Fehler schaffen
Statt von „Fehlern“ zu sprechen, kann man von „Reibungspunkten“ oder „Mini-Abweichungen“ reden. Das senkt die Hemmschwelle, sie zu benennen.
2. Routinen regelmäßig hinterfragen
Einmal im Monat ein Meeting mit der Frage: „Was haben wir diese Woche unbewusst übersehen?“ – klingt banal, wirkt aber enorm.
3. Führungskräfte als Mikrobeobachter
Gute Führung erkennt die Dynamik zwischen Menschen – wo Entscheidungen vermieden, Konflikte vertagt oder Chancen verpasst werden. Genau da entstehen Micromistakes.
Mein Fazit
Transformationen scheitern selten an einem großen Crash. Sie scheitern an tausend kleinen Momenten, in denen niemand hingeschaut hat.
Eine echte Fehlerkultur erkennt man nicht daran, wie man mit Katastrophen umgeht – sondern daran, wie ernst man die kleinen Dinge nimmt.
Wenn wir lernen, Micromistakes sichtbar zu machen, schaffen wir Organisationen, die nicht nur aus Fehlern lernen, sondern aus jedem einzelnen Tag.