Künstliche Intelligenz ist in aller Munde. Sie schreibt Texte, analysiert Daten, erstellt Prognosen und unterstützt uns bei Entscheidungen. Doch während wir beim Menschen längst wissen, dass Fehler zum Lernen gehören, wirkt die Welt der Maschinen auf den ersten Blick anders: Fehler sind hier nicht vorgesehen.
Aber was bedeutet das für Unternehmen, die immer stärker auf KI und Automatisierung setzen? Genau diese Frage begegnet mir regelmäßig in Diskussionen und Vorträgen. Und als Keynote Speaker für Fehlerkultur ist mir dabei besonders wichtig, die Brücke zu schlagen: zwischen der menschlichen Fähigkeit, aus Fehlern zu lernen – und der scheinbaren Fehlerlosigkeit von Maschinen.
Maschinen dürfen keine Fehler machen – oder doch?
In der Theorie ist KI darauf ausgelegt, möglichst fehlerfrei zu arbeiten. Ein Algorithmus, der falsche Diagnosen stellt, eine Software, die fehlerhafte Daten verarbeitet, oder ein autonomes Fahrzeug, das einen falschen Befehl ausführt – all das kann dramatische Folgen haben.
Deshalb gilt in der Technik: „Zero Error“. Fehler werden nicht toleriert, sondern müssen ausgeschlossen oder minimiert werden. Doch diese Haltung ist ein doppeltes Risiko:
1. Sie verstärkt die Illusion, dass Systeme unfehlbar sind.
2. Sie verdrängt die Notwendigkeit, Fehler offen sichtbar zu machen.
Die Parallelen zur menschlichen Fehlerkultur
Interessanterweise zeigt sich: Auch Maschinen „lernen“ nur durch Fehler. Ein neuronales Netz wird nicht klüger, weil es von Anfang an alles richtig macht, sondern weil es in Millionen Versuchen falsche Muster erkennt und korrigiert.
Das bringt uns zurück zur Kernfrage jeder Organisation: Wie gehen wir mit Fehlern um – ob menschlich oder maschinell?
- Ignorieren wir sie?
- Verschweigen wir sie?
- Oder schaffen wir Systeme, in denen Fehler frühzeitig sichtbar und korrigierbar sind?
Warum Unternehmen eine „digitale Fehlerkultur“ brauchen
Wenn Unternehmen KI einsetzen, brauchen sie eine Erweiterung ihrer bisherigen Fehlerkultur. Es geht nicht nur darum, Mitarbeitende zu ermutigen, Fehler offen anzusprechen – sondern auch darum, technische Systeme so zu gestalten, dass Fehler transparent werden.
Das bedeutet konkret:
- Monitoring & Transparenz: Fehlerhafte Daten oder Outputs müssen klar erkennbar sein.
- Feedback-Schleifen: KI-Systeme brauchen laufende Korrekturen und Training – ähnlich wie Mitarbeitende Feedback erhalten.
- Akzeptanz von Unschärfe: Nicht jede Abweichung ist ein Desaster, manche Fehler sind sogar Lernimpulse.
Mein Fazit
Fehlerkultur endet nicht beim Menschen. Wenn wir in einer Welt leben, in der Entscheidungen zunehmend von Maschinen getroffen werden, brauchen wir auch eine Fehlerkultur für KI.
Denn eines ist sicher: Die Illusion von Fehlerfreiheit ist gefährlicher als jeder Fehler selbst.
Und genau darüber spreche ich in meinen Vorträgen: wie wir als Menschen, Teams und Organisationen lernen, Fehler nicht nur als Störfaktor zu sehen, sondern als Motor für Weiterentwicklung – egal ob analog oder digital.